Chancen und Risiken von Feedbackeinheiten in eignungsdiagnostischen Verfahren 

„Feedback ist ein Geschenk“. Diesen abgedroschenen Satz kennt jeder.  

Denn Feedback dient ganz grundsätzlich der Verbesserung und Entwicklung von Fähigkeiten und Leistungen, fördert Selbstreflexion, Motivation, Kommunikation und Vertrauen und trägt im besten Fall zu Problemlösungen bei. Sollte sich also jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer eines eignungsdiagnostischen Verfahrens glücklich schätzen, wenn sie oder er Feedbackeinheiten auf dem Zeitplan ihres oder seines Auswahl- oder Entwicklungsverfahrens lesen kann?  

Die Antwortet sollte eigentlich „ja“ lauten, jedoch kann Feedback auch in eine völlig falsche Richtung gehen und demotivierend und sogar verletzend bei Feedbacknehmenden ankommen.  

Dieser Blogartikel beschäftigt sich mit den Chancen und Risiken und neuesten Studienerkenntnissen von Feedbackeinheiten in eignungsdiagnostischen Verfahren.

Braucht es überhaupt Feedback in eignungsdiagnostischen Verfahren?

Im klassischen Assessment Center Prozess zur Stellenbesetzung einer Position war entwicklungsorientiertes Feedback an Bewerbende nicht unbedingt vorgesehen. In der heutigen Arbeitswelt, die durch Bani und VUCA gekennzeichnet ist, ist ein klarer Fokus auf entwicklungsorientierte Haltung in der Eignungsdiagnostik elementar (vgl. Blogartikel Assessment Center im Wandel der Zeit vom 05.02.2024).

Und damit ist unsere Antwort eindeutig. Aus Sicht der Cornelia Tanzer GmbH ist Feedback schon immer ein fester Bestandteil in Auswahlprozessen und gehört von der Konzeption an als fester Baustein zu einem eignungsdiagnostischen Verfahren dazu. Und da unterscheiden wir nicht, ob es sich um einen klassischen Assessment Center Auswahlprozess oder um einen entwicklungsorientierten Development- und Potenzialanalyse Prozess handelt. Wichtig ist uns, dass unser Feedback in eignungsdiagnostischen Verfahren nicht nur gut gemeint ist, sondern tatsächlich einen Motivations- und Entwicklungsimpuls für die Teilnehmenden darstellt.

Wie ist die Studienlage zu Chancen und Risiken von Feedback?

Studien zeigen, dass Feedback eine signifikante Wirkung auf das Verhalten, die Leistung und die Motivation von Personen haben kann. Es kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben, abhängig von der Qualität, Häufigkeit und Art des Feedbacks.1 Die Gestaltungs- und Einflussfaktoren (Feedbackgebende:r, Feedback empfangende Person, Feedback, Kontext) auf die Wirkung von Feedback sind divers (s. Grafik). Die Forschung hat gezeigt, dass bestimmte Mechanismen, wie die Klarheit des Feedbacks, die Spezifität der Rückmeldung und die Unterstützung durch Zielsetzung die Effektivität von Feedback verbessern können.2

 

 

 

Risikominimierung von ungünstigem Feedback im eignungsdiagnostischen Prozess – wie geht das?

Ein großer Hebel, um die Akzeptanz des Feedbacks in eignungsdiagnostischen Verfahren zu erhöhen, sind die Feedbackgebenden. Daher sollte diese in der Vorbereitung auf eignungsdiagnostische Verfahren besonders berücksichtigt und in Schulungen sensibilisiert und vorbereitet werden.3 Folgende Inhalte sollten Feedbackschulungen dabei beinhalten:

  • Grundlagen des Feedbacks: Eine Einführung in die Bedeutung von Feedback und seine Rolle bei der Leistungsförderung und Entwicklung.
  • Feedback-Typen: Unterschiedliche Arten von Feedback kennenlernen, wie beispielsweise positives und kritisch-konstruktives Feedback.
  • Feedback-Prinzipien: Die grundlegenden Prinzipien des Feedbackgebens, einschließlich Konstruktivität, Spezifität und Ehrlichkeit.
  • Feedback-Kommunikation: Wie man Feedback klar, präzise und respektvoll kommuniziert, um eine positive Reaktion und Motivation zu ermöglichen.
  • Feedback-Vorbereitung: Die Bedeutung der Vorbereitung auf Feedback-Einheiten, einschließlich der Klärung von Zielen und der Sammlung konkreter Beobachtungsbeispiele.
  • Zuhörtechniken: Effektive Zuhörtechniken erlernen, um die Perspektive der Feedback empfangenden Person zu verstehen und ein tieferes Verständnis zu ermöglichen.
  • Konstruktive Rückmeldung geben: Wie man konstruktives Feedback formuliert, das auf beobachtbaren Verhaltensweisen basiert und Möglichkeiten zur Entwicklung aufzeigt.
  • Feedback-Schwierigkeiten meistern: Den Umgang mit schwierigen Feedback-Situationen erlernen.
  • Selbstreflexion: Die Bedeutung der Selbstreflexion bei der Verbesserung der eigenen Feedback-Gebefähigkeiten erkennen.

Unter welchen Bedingungen erzielt Feedback die optimale Wirkung?

In den letzten Jahren hat Kudisch das Thema wissenschaftlich untersucht.3,4   

Die methodische Herangehensweise umfasst das systematische Kontaktieren der Teilnehmenden zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach dem Eignungsdiagnostikverfahren, um die Akzeptanz des initialen Feedbacks sowie das Ausmaß der tatsächlich umgesetzten Entwicklungsaktivitäten zu erfassen.

Ein riesiger Hebel – die empfundene soziale Unterstützung

Die jüngsten Untersuchungen von Kudisch haben aufgezeigt, dass die wahrgenommene soziale Unterstützung seitens Vorgesetzten und Kollegen einen grundlegenden Einfluss auf die Bereitschaft zur Annahme von Feedback hat. Die Studie zeigt, dass alle drei Facetten der sozialen Unterstützung – die Unterstützung seitens Kollegen, Vorgesetzten und des Top-Managements – stark signifikante Korrelationen mit der Akzeptanz von Feedback aufweisen. Dies bedeutet, dass es nicht nur auf u. a. gute kommunikative Fähigkeiten im Feedbackgeben ankommt, sondern dass die unternehmerische Einbettung von eignungsdiagnostischen Verfahren und das damit verbundene Image im Unternehmen für die Akzeptanz des Feedbacks ausschlaggebend ist. Somit sollten sich Unternehmen nicht nur auf den eignungsdiagnostischen Prozess selbst fokussieren, sondern vielmehr die Verortung und Einbindung aller Beteiligten im Auge haben. Ein gut durchdachtes Kommunikationskonzept bei der Einführung eines eignungsdiagnostischen Verfahrens sowie eine unterstützende und interessierte Haltung der Vorgesetzten vor und nach der Durchführung von Verfahren können wesentliche Hebel sein.

Fazit

Zum einen halten wir fest: In einer Zeit, die von kontinuierlichem Wandel, steigenden Anforderungen und einem wachsenden Bedarf an persönlicher Entwicklung geprägt ist, erweist sich die Eignungsdiagnostik ohne Feedbackangebote als unzureichend und nicht mehr zeitgemäß. Gleichzeitig gilt zu berücksichtigen: Feedback erzielt nicht selbstverständlich die Wirkung eines wertigen Geschenkes!  

Die Chancen von Feedbackeinheiten sind in eignungsdiagnostischen Prozessen groß. Es gilt diese zu nutzen, um Motivation und Entwicklung von Personen zu fördern. Feedbackeinheiten sollten damit immer ein integraler Bestandteil eines jeden Assessment- und Entwicklungsverfahrens sein. Auf wesentliche Gestaltungsfaktoren wie Feedbackgebende sollte besonderes Augenmerk gelegt werden und daher ist die Empfehlung für Organisationen, Feedbackgebende zu sensibilisieren und grundlegend zu schulen. Bei internen eignungsdiagnostischen Verfahren ist die positive Einbettung eines Verfahrens in die Organisation der elementare Rahmen für eine fruchtbare Entwicklungsbasis für entwicklungsoffene Mitarbeitende.  

 

Quellen:

1 Kluger, A. N., & DeNisi, A. (1996). The effects of feedback interventions on performance: A historical review, a meta-analysis, and a preliminary feedback intervention theory. Psychological Bulletin, 119(2), 254.

2 Locke, E. A., & Latham, G. P. (1990). A theory of goal setting & task performance. Prentice-Hall, Inc.

3 Ilgen, D. R., Fisher, C. D., & Taylor, M. S. (1979). Consequences of individual feedback on behavior in organizations. Journal of Applied Psychology, 64(4), 349.

4 KUDISCH, J. (1997). Factors related to participant´s acceptance of developmental Assessment-Center feedback. Dissertation Abstracts International: Section B: The Sciences & Engineering, Vol. 58(6-B) 3349.

5 KUDISCH, J. D.; LUNDQUIST, C. & AL-BEDAH E. A. (2004). Accepting and Applying Assessment Center Feedback: A View from the Middle East. Presentation at the 32nd International Congress on Assessment Center Methods.

 

 

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